Im keltischen Kalender, der in vielen Teilen Europas einst die Jahreszeiten regelte, war der 1. Mai, irisch Lá Bealtaine, das Fest des hellen Feuers, Sommeranfang, einer der vier großen "Quartalstage" des Jahres. Dem altirischen Leabhar Gabhála (Buch der Invasionen) entnehmen wir, daß an diesem Festtag die ersten magischen Bewohner des Landes, die Tuatha Dé Danann, eintrafen, und ein Text aus dem 9. Jahrhundert deutet darauf hin, daß die Druiden an diesem Tag ihre Herden zwischen zwei Feuern auf die Weide trieben. Insofern hat die Tatsache, daß das neue Zusammenkommen der alten europäischen Nationen an diesem mythischen Ankunftstag in Irland stattfindet, etwas Verheißungsvolles; und noch verheißungsvoller ist es, daß wir dieses Ereignis in einem Park feiern, der nach dem Phönix benannt ist, jenem sagenhaften Vogel, der die Möglichkeit ständiger Erneuerung repräsentiert. Freilich gibt es Leute, die der Ansicht sind, daß sich der Name Phoenix Park von den irischen Wörtern fionn uisce ("klares Wasser") herleitet, und dieses sprachliche Zusammenspiel gab mir die Anregung zu dem folgenden Gedicht. Vielleicht hätte Horaz es ein carmen sæculare genannt, ein Gedicht, das eine historische Wende im sæculum, dem Zeitalter, feiert und begrüßt.
Leuchtfeuer zum 1. Mai Phoenix Park, 1. Mai 2004 Uisce: Wasser. Und fionn bedeutet klar. Unter der Hand jedoch wird Gälischwasser griechisch: Aus fionn uisce steigt ein Phönix wunderbar. Ein Fremdling galt den Griechen als Barbar. Nun laßt die Erben aller, die kein Griechisch Konnten, deren Lallen unverständlich war, Über die Grenzen kommen, ihre Sprachen bringen Und die Gegenstimmen finden, die sie suchten, So wie fionn und uisce in "Phönix" widerklingen. Die Maitagshügel lohten von weither, weithin, Als die ersten Siedler ihre Boote in die Buchten Lenkten; und uisce, fionn enthüllten ihren Sinn. An einem Tag, da Neuankömmlinge erscheinen, Laßt es eine Heimkehr werden, laßt uns Worte Sprechen, die nichts ungebührlich Fremdes meinen, Bewegt die Lippen, daß ein neuer Sinn aufflammt Vom Nord- zum Mittelmeer, von Ort zu Orte, Laßt ihn wie die alten Leuchtsignale scheinen, Hell wie der Phönix, der fionn uisce entstammt. Translated into German by HANS-CHRISTIAN OESER. |